Aphyllophorales News - Holzpilze - Porlinge - Rindenpilze

Dieser Blog stellt einige verbreitete, vorwiegend aber wenig bekannte und zum Teil seltene "Nichtblätterpilze" vor, die an Holz wachsen, und das in Wort und Bild. Die meisten Funde sind aus dem Großraum Frankfurt aber auch aus den Mittelgebirgen oder anderen Teilen der BRD.

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Location: Dribbdebach-Schwaanem, Südhessen

Sunday, January 27, 2008

Piptoporus betulinus - Birkenporling

Nr. 56 – Rhein-Main-Funde; häufige Art – nur an Birke vorkommend.
Leicht zu erkennender und weit verbreiteter, einjähriger Porling an totem Birkenholz; bevorzugt in feuchten Birkenbrüchen und Moorwäldern. Es handelt sich hierbei um einen äußerst aggressiven Parasiten, der Birken durch eine Braunfäule schnell zum Absterben bringt. Der nächste Sturm läst die geschwächten Stämme dann einstürzen, wobei sie meist in mehrere Teile zerbrechen. Man beobachtet bei keiner Totholzart zerbrochene Stämme so häufig, wie bei der Birke.
Die Braunfäule-gattung Piptoporus enthält bei uns in der BRD lediglich 2 Arten, von denen der Birkenporling mit großem Abstand die häufigste ist. Die kleinen, ca. 3 – 6 cm großen, knollenförmigen Fruchtkörper brechen im Frühling und Frühsommer aus der Rinde toter, stehender und liegender Birkenstämme oder dickerer Äste hervor, und sind erst mal als Porlinge nicht zu erkennen, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Porenschicht ausgebildet ist (s.Abb.). Sie sind dann weich-gummiartig und innen völlig weiß. Während ihrer Entwicklung strecken sie sich dann zu konsolen-artigen, nieren-förmigen Frucht-körpern, wobei sich die dünne, fast papierartige Huthaut zunehmend nussbräunlich verfärbt und dann flecken- oder streifenförmig aufreißen kann. In Form und Größe sind sie sehr vielgestaltig und könne bis zu 40 cm breit werden.
Die Anwuchsstelle der Hüte ist meist stielartig verjüngt. Die Hutränder sind häufig stark umgebogen (s. Abb.).
Die kleinen, rundlich-eckigen, ca. 3 –4 per mm messenden, rundlichen bis gelegentlich eckig-labyrintischen Poren sind und bleiben weißlich und können bei ausgewachsenen Fruchtkörpern leicht abgelöst werden. Zuweilen fallen sie von selbst und ohne Zutun in Teilen ab. Auf Druck verfärben sie sich selten einmal etwas dunkler. Bei überalterten, vorjährigen Exemplaren neigen die Poren hin und wieder dazu, kleine warzen- bis kegelförmige Erhebungen zu bilden. Es gibt Porenoberflächen, die an bestimmten Stellen wie eine Mischung aus Stachelpilz und Porling aussehen. Mit zunehmendem Alter werden die Fruchtkörper des Birkenpilzes zäher und korkig; im Spätherbst sterben sie in der Regel ab bzw. faulen dann im nächsten Frühjahr vor sich hin. Überwinterte Exemplare (in milden Wintern) können aber durchaus auch einmal weiterwachsen und dann eine 2. Fruchtschicht ausbilden. Auf faulen, alten Exemplaren findet man dann auch andere Pilzarten, wie z.B. die „Kissenförmige Hypocrea“ (H. pulvinata), einen Ascomyceten.
Mikrosko-pisch ist der Birkenporling, neben schmal-elliptischen, leicht gekrümmte, farblose Sporen, auch dadurch gekennzeichnet, dass er dimitisch-trimitisch „achromatische Faserhyphen“ besitzt, also Hyphen, welche sich in Kresylblau – im Gegensatz zu fast allen sonstigen Arten der Aphyllophorales (lt. Tortic 1977) – nicht anfärben lassen. Außerdem entwickelt sich der Birkenporling zweiphasig, d.h. die jungen, weichen und saftreichen FK bestehen nur aus generativen Hyphen. Erst ausgewachsene FK werden fertil und bilden auch dann erst zunehmend dickwandige Faser- bzw. Skeletthyphen aus, welche auch bindehyphenartige Verzweigungen aufweisen.
Ein weiteres interessantes, bisher nicht publiziertes Mikromerkmal ist, dass die Skeletthyphen des Birkenporlings nach Zugabe von 5 - 10%iger Kalilauge an vielen Stellen kugelig bzw. perlschnurartig anschwellen, und nach einiger Zeit platzen. Leicht auszuprobieren und wirklich verblüffend anzusehen.
Systematisch gehört die Gattung Piptoporus zu den „Stielporlingen“, also in die Nähe der Gattung Polyporus. Autoren wie Jülich führen die Gattung sogar in ihrer eigenen Familie (Piptoporaceae).
Seine Bedeutung als Heilpilz und seine Verwertbarkeit wurde in den letzten Jahren wieder diskutiert. Einem breiteren Publikum bekannt wurde er durch die 4000 Jahre alte „südtiroler Gletschermumie vom Tiesenjoch“, also den „Ötzi“, bei dem man kugelige Teile des Pilzes, aufgefädelt auf einem Lederband gefunden hatte.
Zu welchem Zweck ist strittig. Diskutiert wurde eine antibakterielle Verwendung ebenso wie eine blutstillende Wirkung. Möglich wäre auch, dass er zum Schärfen von Pfeilspitzen diente.
In England heisst der Pilz in bestimmten Gegenden heute noch „Razor-shop-fungus“, weil daran früher Rasiermesser geschärft wurden. Ganz junge FK kann man – wenn sie sich noch leicht durchschneiden lassen – auch essen. In kleinen Scheiben gut angebraten und mit Zitronensaft beträufelt ist es ein ganz interessanter Vorspeisen-Joke.
Die abgebildeten Pilze wurden Anfang und Ende 2007 im Schwanheimer Wald bei Frankfurt und im Mönchbruch bei Mörfelden fotografiert.